Keine Chance für Loverboys

 

 

David scheint nicht sehr überrascht von ihrer flüsternden Stimme zu sein und sagt: „Ich wollte gerade zum Kiosk mir was zu Essen besorgen, Lust mitzukommen?“.

Lea schüttelt mit dem Kopf, dass wäre jetzt zu viel Unerwartetes für sie an einem Morgen.

 

„Gut, dann sieht man sich ja vielleicht demnächst hier wieder“ entgegnet David mit einem Lächeln und geht Richtung Schulkiosk.

 

Noch völlig überfordert, steht Lea still auf der Stelle und ihr Blick wandert mit David in das Schulgebäude. Sie hatte soeben mit einem älteren Jungen gesprochen, viel mehr noch, er hatte mit ihr gesprochen, sie angesprochen! Noch bevor sie begreift, was ihre Füße da machen, läuft sie hinter ihm her und verschwindet ebenfalls im Schulgebäude.

 

In den folgenden zwei Wochen treffen sich die beiden immer häufiger auf dem Schulhof. David kann ihr zu fast allen Schülern eine lustige Geschichte erzählen und bringt ihr öfter kleine Geschenke mit: Den Film, den sie so gerne sehen möchte, einen Mp3-Player mit ihrer Lieblingsmusik, eine zierliche Armkette – er scheint genau zu spüren was sie mag und was sie sich wünscht.

 

Die Sommerferien sind endlich angebrochen und die beiden sehen sich fast jeden Tag. An den Tagen, an denen er keine Zeit für sie hat, fühlt sie sich schon fast alleine und schaut alle paar Minuten auf ihr Handy, um zu sehen ob er ihr geschrieben hat – sie bildet sich manchmal schon ein, es habe gepiept, ohne dass eine Nachricht eingetroffen ist. Laura und Sina ziehen sie damit ab und zu auf, während Jakob und Daniel das Ganze einfach nur bescheuert finden.

 

Letztes Wochenende war David sogar zum Grillen bei ihr und ihren Eltern im Garten. Ihre Mutter hatte er sofort für sich gewonnen, als er mit diesem wunderschönen Blumenstrauß am Gartentor stand. Sie hat die Blumen sofort in einer Vase auf den Tisch gestellt und mit lächelnder Stimme Leas Vater zugerufen: „Guck mal Schatz, sind die nicht wunderschön?“.

Leas Vater hatte das jedoch wenig beeindruckt, sein Blick wanderte ständig zwischen dem Grill und dem neuen Jungen hin und her, fast so wie bei einem Tennisspiel. Deswegen war er wahrscheinlich auch sehr froh, als David sich zu ihm an den Grill gesellte und mit ihm ein Bier trank – so hatten zumindest seine Augen keine Sportstunde mehr.

 

Tage wie diesen gibt es seitdem sie David getroffen hatte häufiger als sonst, Tage voller Lachen, Energie und Lebendigkeit – sie fühlt sich glücklich.

 

Sie kann nicht verstehen, dass ihre Freunde es ihr übel nehmen, dass sie kaum Zeit für sie hat. Die sind bestimmt nur neidisch, weil David jetzt ihr Freund war, ihr deutlich älterer Freund, er ist nämlich schon 18 Jahre alt und auch die Anderen werfen ihr oftmals neidische Blicke zu, wenn sie mit David unterwegs ist. Dann muss sie immer breit grinsen und klammert sich an seinen Arm. Lea weiß, sie ist verliebt.

Die Zeit vergeht und Lea träumt immer noch von jenem Tag, an dem David sie im Park endlich geküsst hatte. Sie waren zuvor in der Stadt gewesen und liefen zusammen durch den Park zurück zu Leas Haus, als er stehen blieb, sie zu sich drehte und küsste – ihr erster echter Kuss.

 

David brachte sie immer nach Hause, ein echter Gentleman und überhaupt sorgte er sich sehr um sie: Wenn sie sich mal für ein paar Stunden nicht bei ihm gemeldet hatte, wurde er fast schon wütend, so besorgt war er um sie. Seine kleinen Wutausbrüche fand sie allerdings so süß, dass sie sich manchmal extra nicht bei ihm meldete, auch wenn sie dabei immer ein schlechtes Gewissen hatte.

 

Als Lea sich länger absichtlich nicht meldete, stand David plötzlich vor ihrer Tür. Er zertrümmerte ihre Tischlampe und stellte die Beziehung in Frage. Lea fühlte sich sehr schuldig ihn so wütend gemacht zu haben. Seitdem hat sie versprochen, sich jede Stunde bei ihm zu melden. Sie wird ihm sagen, was sie gerade macht und wo sie sich befindet. So kann er im Notfall immer schnell bei ihr sein. Ein echter Prinz.

 

Die Story als Download:

KEINE CHANCE FÜR LOVERBOYS     © Frauen-Notruf Münster, 2015